Philosophie:
Bach, Mozart, Haydn, Beethoven, Schubert, die Mendelssohns, die Schumanns, Brahms, Liszt, Wagner, Mahler, Ravel, Gershwin, Bernstein, John Lennon, Messiaen, Frank Zappa, Boulez und viele andere …
Das sind nur einige Musiker, die einen festen Platz im Musikbetrieb eingenommen haben. – Sie alle sind Komponisten, die sich selbst als Interpreten ihrer eigenen Werke hervorgetan haben. Oder auch als Veranstalter bzw. Organisatoren von Konzerten in denen sie ihre eigene sowie auch fremde Werke aufführten. Vielleicht könnte man sogar behaupten, dass vor der Zeit der Tonaufnahmen die Werke selbst Dokumente der Komponisten als Interpreten gewesen sind!
Heutzutage sind im klassischen Musikbetrieb die Bereiche von Interpret und Komponist oft sehr weit voneinander entfernt. Und ganz am Ende der Kette findet man das Publikum.
In der U-Musik ist das meist anders, weil die Komponierenden für sich selbst oder für Interpreten, die sie kennen, schreiben. Das ist geradezu so wie damals, als Mozart ein Klavier-Konzert für sich selber komponierte oder die Partien für die Sänger/innen ihnen sozusagen „auf den Leib“ schrieb.
Living Room Artists ist eine Konzertreihe, die die Entfernung zwischen KomponistInnen, InterpretInnen und Publikum verringern möchte. Es geht nicht darum, zu Bach und Mozart zu werden oder solche zu entdecken, sondern ein dynamisches Verhältnis zwischen KomponistInnen, InterpretInnen und Publikum zu kreieren.
Die Reihe soll Interpreten – OrchestermusikerInnen, Sängerinnen, DirigentInnen und andere – ermutigen, Schaffensprozesse selbst nachzuvollziehen und Projekte von ihrer Entstehung bis zur Aufführung durchzuführen. – Man könnte sagen, dass Living Room Artists ein modernes Pendant zum Salon des 19. Jahrhunderts werden soll, wo Komponist, Interpret und Publikum sich gegenseitig „hautnah“ erleben können.
Praxis:
Jedes Konzert beinhaltet mindestens eine Darbietung, die zu einer von drei Kategorien gehört:
– Freestyle: wie der Name schon sagt sind keine externe Merkmale auferlegt.
– Theater Aktuell: Das Werk bezieht sich auf den aktuellen Spielplan oder Begebenheiten im Theaters.
– Der Klassiker: Ein Werk des 20. oder 21. Jahrhunderts, welches wir den Begriff „Klassiker“ verleihen möchten.
Der Anzahl der Werke ist auf maximal sieben Werke begrenzt; sechs Neu-Schöpfungen und den einen „Klassiker“.
Die Konzerte werden moderiert und es finden Interviews mit den Schöpfern und Interpreten statt.
Die Darbietungen sollten um die 10 Minuten dauern.
Vor dem letzten Programmpunkt werden Lose ans Publikum verteilt. Nach der letzten Darbietung wird ein Los gezogen. Der Gewinner darf ein Stück oder Teil eines Stückes wählen, welches daraufhin wieder gespielt wird. Sollte der Gewinner auf eine Wahl verzichten wollen, wird das Stück, welches wiederholt werden sollte durch den Wurf eines Würfels bestimmt.
Besondere Merkmale: In der Kategorie „Theater Aktuell“ gab es bisher Werke die Bezug auf „Spuren der Verirrten“ von Phillip Glass nahmen oder „Hänsel und Gretel“ von Humperdink, „Der Ring des Nibelungen“ von Wagner, „Die Csardasfürstin“ von Kálmán und „Orfeo“ von Gluck – alles Werke des damaligen aktuellen Theaterprogramms.
Ebenso gab es Werke, die für Personen des nicht darstellenden Personals konzipiert wurden wie die humoristische, musikalische Szene, „Gute Stimmung“ mit dem Intendanten am Klavier und dem Technischen Direktor am Violoncello. Das Stück thematisierte die Umgangsformen der beiden Hauptdarstellern.
Auch das szenische Experiment mit Publikumsbeteiligung, „Das Vordirigat“ sollte erwähnt werden. In „Das Vordirigat“ wurde der gängige Orchester – Probespiel Praxis hinter einem Vorhang zu spielen für ein Vordirigat angewendet – Ja Absurd!?
Die Probanden aus dem Publikum wurden durch eine Wand von einem kleinen Orchester abgetrennt. Das Pflichtstück war die Exposition von Beethovens 5. Sinfonie. Für das Publikum waren sowohl Musiker als auch DirigentInnen sichtbar. Die Annäherung beider „Seiten“ geschah durch einen Moderatoren, der das Geschehen lenkte und alle Beteiligten zu neuen Versuchen ermutigte. Musiker und Publikum stimmten anschließend ab, welcher Kandidat in die nächste Runde zugelassen werden sollte. Als Belohnung wurde ohne Trennwand den Radetzky Marsch dirigiert. Das Stück thematisierte die damals bevorstehenden Vordirigaten im Theater.
Mitschnitte der Reihe sind unter den folgenden Links abrufbar:
©daniel linton-france 2014 & 2017